Mittlerweile ist sie auch in Deutschland angekommen, die Gewissheit, dass es so, wie es in vielen Unternehmen läuft, zumindest nicht mit erwähnenswerter Perspektive und Berechtigung zum Verbleib weitergehen kann. Zum einen deshalb, weil es durch alle Altersgruppen der arbeitenden Bevölkerung hindurch brodelt, die auf der Suche nach Sinn, Wert und Bestand ihrer Arbeit angespornt werden von kühnen Konzepten, mitreißenden Musterbeispielen und bestärkenden Studien. Zum anderen, weil mittlerweile mehr als nur ein paar Länder dabei sind, Deutschland den nicht mehr gar so erwähnenswerten Rang in Sachen „Dichter, Denker und Club der Visionäre“ abzulaufen.
Viele wissen, wie es gehen könnte. Viele haben den Durchsetzungswillen, die Ideen und Kompetenzen, etwas zu wagen – indem sie handeln und etwas bewegen. Aber wenige, zu wenige sind offenbar an den entscheidenden Stellen in den Unternehmen angesiedelt. Oder werden schlicht nicht gehört?
Was uns zu der Frage bringt, ob es tatsächlich eine bestimmte Rolle oder Hierarchie-Ebene braucht, um Veränderung im Arbeiten, im Miteinander, in der Definition von Erfolg im globalen Kontext oder z. B. auch bei der Wahrhaftigkeit in der Umsetzung all der knackigen Leitsätze und Philosophien anstoßen zu dürfen?
Von oben nach unten? Von unten nach oben? Oder doch lieber gar nicht?
Die gegenwärtige politische Situation nicht nur in Deutschland zeichnet ein recht klares Bild. Gesellschaften bestehen aus Menschen. Die Annahme, zwischen dem arbeitenden Menschen und dem privaten Individuum trennen zu können führt genauso auf den Holzweg, wie die von der Realität entkoppelte theoretische Suche nach DEM WEG, in Zukunft zu arbeiten. Alles, was wir heute tun, wird unser Morgen mitbestimmen. Alles, was wir heute unterlassen, ebenso. Wenn die Diskussion darüber, was die Gesellschaft braucht und wie wir das erreichen weiter hauptsächlich auf verkopfter Ebene, ohne Menschenverstand und Bauchgefühl geführt wird, dann werden die Bedürfnisse der Menschen um Meilen verfehlt. Werden wenige mitgenommen und viele abgehängt. Werden wichtige Richtwerte wie „Wertschätzung“ und „Mensch im Mittelpunkt“ zur Phrase.
Schon Hanibal wusste: „Entweder wir finden einen Weg, oder wir machen einen.“.
Was es braucht, ist nicht nur ein neues Verständnis von FÜHRUNG. Es braucht MUT, auch WAGEMUT. Einen anderen Umgang mit „Fehlern“. Eine realistische Definition von Erfolg. Arbeit, Wertschöpfung, Beteiligung und Sinn in einem völlig neu überdachten Kontext. Denn das ist es, was die Zeit uns auferlegt. Es ist keine Frage von wollen. Es ist ein unverhandelbares Erfordernis. Die Vorstellung, seine Mannschaft per Coaching „zu transformieren“ in die Zukunft, ohne bereit zu sein, alles, auch die gesamte Firmen- und Führungskultur auf den Prüfstand zu stellen, ist absurd. Allerdings keine Seltenheit.
Nun kann man jedoch feststellen, dass diejenigen sich mehren, die nicht nur theoretisch willens und imstande sind, viele der gängigen Theorien und Konzepte zu durchdringen. Sie sind nicht in jedem Falle in benannt verantwortlicher Rolle, zählen nicht zum aufstrebenden Management, nicht zum Zirkel der selbstermächtigten Gruppe „WIR“. Haben vielleicht nicht einmal die beliebten Marker wie Master, Auslandsaufenthalt, Großkonzernerfahrung. Was sie auszeichnet sind Kraft, Menschenverstand, Realismus und die Erkenntnis, dass alles miteinander zusammenhängt. Dass alles eine Konsequenz hat, was wir tun – und wie. Sie wissen, dass kaum EIN Kopf klug und fähig genug sein kann, sollte oder auch nur muss, um auf alles eine Antwort zu wissen. Dass die besten Ratgeber ganz oft im täglichen Schaffen zu finden sind. Dass am erfolgversprechendsten wirken kann, wer gemäß dem Bambus-Prinzip auf die Kraft vieler Köpfe und Schultern bauen darf. Kompetenz, Ideenreichtum, ehrliches Engagement und der Wille, sich einzubringen kennt keine Hierarchie und fragt nicht nach Erlaubnis. Das ist gut so! Denn was wäre je in die Welt gekommen, wenn maximale Absicherung, das Einhalten der „Kommandokette“ und der Ausschluss von Scheitern Leitmotive gewesen wären?
TRAUT EUCH. Gesellschaft besteht aus Menschen. In Unternehmen arbeiten Menschen. Von ganz unten bis nach ganz oben. Im Mittelpunkt des Marktes – ob mit hehrem oder fragwürdigem Ziel – stehen Menschen. Leben wird nicht von der Börse gelebt, nicht von Produktionsanlagen, nicht von Algorithmen und auch nicht von sozialen Medien. Gesellschaftliche Wirklichkeit wird von Menschen gelebt. Deshalb müssen die Bedürfnisse der Menschen die entscheidende Rolle spielen. Ihre Sprache ist das miteinander gewechselte Wort. Verständnis und Konsens geht über die Auseinandersetzung mit Soll und Ist. Das können Menschen. Das dürfen Menschen. Das müssen sie am Ende sogar.
Damit wir endlich zu einem Kulturwandel kommen, der unseren Blick weg von der Theorie und dem schöngefärbt vergeistigt-Theoretischen wieder hin zum Wesentlichen lenkt. Unserer Kraft, unseren individuellen einzigartigen Fähigkeiten, unseren Stärken und Träumen – die zum Wohl aller eingebracht den entscheidenden Unterschied ausmachen. Wer Ideen hat, fragt nicht um Erlaubnis, sie einzubringen.
Im Menschsein sind wir gleich. Das ist der Nenner. Das sollte das Erfolgskonzept werden.